Beobachtung oder Bewertung? Gefühl oder Meinung? Wir sind es uns gewohnt, unsere Beobachtungen eher in Form einer Bewertung zu schildern oder anstelle unserer Gefühle unsere Meinung zu äussern.
In der gewaltfreien Kommunikation geht es darum, Beobachtungen zu formulieren und die eigenen Gefühle wahrnehmen und benennen zu können. Deshalb geht es heute mit konkreten Beispielen darum, den feinen Unterschied zwischen Beobachtung und Bewertung und Gefühl und Meinung zu erkennen, um gewaltfrei zu kommunizieren.
Beobachtung versus Bewertung
Wenn wir in einer Äusserung verallgemeinernde Wörter wie «immer, nie, jemals, jedes Mal» verwenden, ist die Äusserung oftmals bewertend. Um Beobachten zu äussern, sollten wir uns in der Formulierung darauf achten, dass wir das beobachtete Verhalten auf einen Zeitrahmen und auf einen Zusammenhang beziehen. Folgende Beispiele sollen zum Verständnis beitragen:
Beispiel 1:
«Du bist grosszügig» Ist eine Bewertung, weil es eine statische Verallgemeinerung ist.
Die Aussage «Wenn ich sehe, dass du all dein Essensgeld weggibst, finde ich, dass du grosszügig bist.» entspricht einer Beobachtung, weil sie den Kontext einschliesst.
Beispiel 2:
«Lisa zögert die Hausarbeit heraus.» ist eine Bewertung, weil ein bewertendes Verb verwendet wird.
«Lisa wischt die Wäsche erst, wenn Sie keine Kleider mehr im Schrank hat». Ist hingegen eine wertungsfreie Beobachtung.
Gefühle versus Gedanken, Meinung oder Interpretation
Mit folgenden Beispielen kann Ihnen rasch klar werden, wie sich Gefühle von Gedanken, Meinungen oder Interpretationen abgrenzen.
Das Spannende ist, dass nach der Äusserung «Ich habe das Gefühl» oftmals eher Gedanken folgen als dass tatsächlich Gefühle geäussert werden.
Beispiel 1:
«Ich habe das Gefühl, als ob auf mir die ganze Verantwortung liegt» ist ein Gedanke.
In dieser Situation fühlt sich eine Person vielleicht erschöpft oder besorgt, wenn ihr die Verantwortung gerade zu viel ist, oder sie fühlt sich einfach wütend.
Beispiel 2:
Folgendes Beispiel ist eine Beschreibung, was eine Person über sich denkt: „Ich fühle mich unzulänglich als Vater.“
Wenn dieselbe Person ihre Gefühle äussert, könnte es so tönen: „Ich fühle mich als Vater frustriert über mich selbst.“
Beispiel 3:
In dieser Äusserung wird ausgedrückt, was eine Person denkt, wie andere reagieren, oder sich ihr gegenüber veralten: „Ich habe das Gefühl, ich bin den Leuten, mit denen ich zusammenarbeite, nicht wichtig.“
Um die Gefühle zu äussern, könnte die Aussage so angepasst werden: „Ich bin traurig.“ Oder „Ich bin verletzt.“
Manchmal fehlen uns die Worte, um das Gefühl, das wir spüren, auszudrücken.
Hier können Sie eine Liste mit Gefühlen herunterladen, die Sie dabei unterstützen kann, Ihren Wortschatz der Gefühle zu erweitern.
Nun da Sie gewappnet sind, wie Sie die erste und zweite Komponente in der Praxis umsetzen können, geht’s im nächsten Artikel weiter mit unseren Bedürfnissen und damit der dritten Komponente der gewaltfreien Kommunikation.
Bis dahin wünschen wir Ihnen ein spannendes Beobachten von Situationen und eines Teils Ihrer Innenwelt – den Gefühlen.
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