Der höchstdotierte europäische Kunstpreis, der Roswitha Haftmann-Preis, geht 2014 an die deutsche Konzept-Künstlerin Rosemarie Trockel. Mit einem Sonderpreis wird der Foto- und Filmkünstler Robert Frank ausgezeichnet.
Der Stiftungsrat der Roswitha Haftmann-Stiftung vergibt 2014 den mit CHF 150'000.– dotierten Roswitha Haftmann-Preis an die deutsche Künstlerin Rosemarie Trockel (*1952).
Trockel zählt zu den wichtigsten Künstlerinnen einer Generation, die auf hohem Niveau mit verschiedenen Medien arbeitet und sich aktiv an Lehre und Forschung im Kunstbereich beteiligt. Nach einem Lehramtsstudium an der Pädagogischen Hochschule in Köln studierte Trockel in den 1970er Jahren an der Kölner Werkschule Malerei. Schon damals drehte sie Super-8-Filme. In Köln und Bonn wurde sie 1982 zu Einzelausstellungen eingeladen. Der Durchbruch gelang Trockel Ende der 1980er Jahre in den USA. Das Museum of Modern Art New York lud sie zu einer Einzelausstellung ein. Anfang der 1990er folgten das Museum of Contemporary Art in Chicago und das Institute of Contemporary Art in Boston. Rosemarie Trockels Auftritte an den Documenta-Ausstellungen X und XIII und als erste Frau im Deutschen Pavillon an der Biennale von Venedig (1999) waren vielbeachtet. Immer wieder kehrt Trockel mit Projekten nach Nordrhein- Westfalen zurück. 2007 nahm sie an «Skulptur Projekte» Münster teil.
Die Themen ihrer Arbeiten sind gesellschaftskonstituierende Elemente: Normen, Klischees, Symbole und Codes. In Zeichnungen, Gemälden, Keramiken, Videos, Skulpturen und Objekten hinterfragt die Konzept-Künstlerin deren Funktion und Selbstverständlichkeit. Trockels Werke sind weder auf eine bestimmte Ikonografie noch auf eine konkrete kunsttheoretische Richtung festzulegen. Das Etikett der Feministin erhielt sie vorschnell mit den frühen maschinell hergestellten Strickbildern, und tatsächlich entwickelte sich der subtile Umgang mit Klischees und Konventionen zu einem integralen Bestandteil ihres Schaffens.
Als Professorin für Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf unterrichtet Rosemarie Trockel seit 1998 den künstlerischen Nachwuchs. Sie ist Gründungsmitglied der «Akademie der Künste der Welt» in Köln und wurde 2012 in die «Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste» berufen. In Anerkennung ihres künstlerischen Schaffens wie ihrer akademischen Leistung verleiht der Stiftungsrat ihr den Roswitha Haftmann-Preis.
STIFTUNG, PREIS UND VERGABE
Rosemarie Trockel ist die vierzehnte Künstlerpersönlichkeit, der Europas höchstdotierter Kunstpreis zuteil wird und neben Maria Lassnig, Mona Hatoum, Vija Celmins und Cindy Sherman die fünfte Frau. Die Übergabe findet am 14. Mai 2014 im Kunsthaus Zürich statt. Die Auszeichnung geht auf die Initiative von Roswitha Haftmann (1924-1998) zurück. Seit 2001 vergibt ihre Stiftung den Preis an lebende Künstlerinnen und Künstler, deren Werk von überragender Bedeutung ist. Wer den Preis erhält, wird vom Stiftungsrat bestimmt. Ihm gehören die Direktoren des Kunstmuseums Bern, des Kunstmuseums Basel, des Museum Ludwig in Köln und des Kunsthaus Zürich an. Hinzu kommen Mitglieder, die vom Stiftungsrat berufen werden.
SONDERPREIS FÜR ROBERT FRANK
Die Statuten der Roswitha Haftmann-Stiftung eröffnen die Möglichkeit, Sonderpreise zu vergeben. Davon macht die Jury zum vierten Mal Gebrauch und spricht dem Fotografen, Filmregisseur und Kameramann Robert Frank einen Sonderpreis in Höhe von CHF 75‘000.– zu. Frank zählt zu den bedeutendsten Fotografen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der 1924 in Zürich geborene schweizerisch-amerikanische Künstler, der seit über 60 Jahren in New York lebt, machte sich in den 1950er Jahren mit Arbeiten für «Life», «Vogue», «Look» und «Fortune» einen Namen und arbeitete Seite an Seite mit den Grossen seiner Zunft. Edward Steichen bat ihn um Unterstützung bei der Auswahl von Werken für die legendäre Ausstellung «The Family of Man». Franks Foto-Buch «Der Amerikaner» – das Ergebnis einer grossangelegten Bildreportage über die Vereinigten Staaten – setzte neue Standards in der Dokumentarfotografie. 1958 tauschte Frank die Fotokamera gegen die Filmkamera. Sein Einstieg ins Filmfach geriet triumphal: Mit «Pull My Daisy» (1959) schuf er ein wegweisendes Porträt der Beat-Generation. Über 20 Filme und Video-Essays sind seither entstanden. Und doch kehrte Frank der Fotografie nie den Rücken. Seine erste Einzelausstellung fand 1961 im Art Institute Chicago statt. Das MoMA folgte 1962. Heute liegen Fotobände und Schriften weltweit in Übersetzungen vor und seine filmischen wie fotografischen Werke fanden Eingang in bedeutende öffentliche und private Sammlungen. 2008 widmeten ihm das Museum Folkwang, Essen, und 2009 die National Gallery of Art, Washington, Ausstellungen. Robert Franks einzigartiger, erzählerischer Stil übt einen nachhaltig prägenden Einfluss auf eine Vielzahl anderer Künstler aus.
Weitere Informationen unter www.roswithahaftmann-stiftung.com.
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